Bierordenträger bringt die Karnevalisten mit Augenklappen an die närrische Macht
Seit dieser Zeit kenne er sämtliche Altkleider-Container im Altkreis Einbeck, merkte Konstantin Kuhle mit närrischem Augenzwinkern an. Die musste er damals für das Rote Kreuz leeren. Als der in Eilensen aufgewachsene FDP-Bundestagsabgeordnete einst beim DRK in Einbeck seinen Zivildienst ableistete, war Jan Störmer sein Chef. Gestern hat dieser als Präsident der Gesellschaft der Karnevalsfreunde Einbeck (GdKE) seinem früheren Zivi den Einbecker Bierorden verliehen. Eine besondere Ehre für beide. Der 35-jährige Göttinger, auch Landesvorsitzender der FDP in Niedersachsen, nahm die närrische Ehrung von Karnevalspräsident Jan Störmer entgegen, von der Einbecker Brauhaus AG eine Kisten mit Bierspezialitäten. Der Einbecker Bierorden wurde nach vier Jahren Pandemie-Pause vor 260 Gästen aus Politik und Wirtschaft mit karnevalistischem Zeremoniell und Programm erstmals in der Multifunktionshalle verliehen. Mit dem Bierorden werden seit 1994 von GdKE und Einbecker Brauhaus AG Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur ausgezeichnet, die Humor besitzen sowie Freude und Spaß am Leben ausstrahlen.
Der neue Bierordenträger bedankte sich mit einer launigen Rede – auch bei seinem einstigen Zivi-Chef Jan Störmer. Das, was die Politik in Berlin mache, folge keineswegs dem Schlagermusikalbum der früheren Bierordenträgerin Claudia Jung mit dem Titel „Schicksal, Zufall oder Glück“. Die Ordensverleihung an ihn sei der entscheidende Zeitpunkt für den Stimmungsumschwung zugunsten der Ampel-Koalition in Berlin, hoffte Kuhle in der Bütt. Erst vor einer Woche sei ja bereits eine Karneval-Delegation aus Einbeck beim „Oberbeauftragten für gute Laune in unserem Land“ in Berlin zu Gast gewesen, bei der „absoluten Spaßrakete schlechthin“ – bei Bundeskanzler Olaf Scholz. Und da sei der geheime Plan doch bereits besprochen worden.
Eigentlich hat er ja einen Orden bekommen, den Einbecker Bierorden, die höchste närrische Auszeichnung, die in Einbeck zu bekommen ist. Am Ende seiner Dankesworte jedoch verteilte der FDP-Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle mit einem Mal (nach närrisch-spontaner Absprache mit seiner SPD-Kollegin Frauke Heiligenstadt) in der Karnevalsbütt selbst gewissermaßen Orden – Symbole der Macht. Und zwar gleich mehrere. So weit hat es die Augenklappe, die der Bundeskanzler mal kurzzeitig tragen musste, inzwischen also gebracht.
Konstantin Kuhle verkündete unter dem Johlen der Karnevalsfreunde eine Entscheidung der Berliner Koalition exklusiv bei der Bierordenverleihung: Der Einbecker Karnevalspräsident Jan Störmer übernimmt mit sofortiger Wirkung die Funktion des Bundeskanzlers. Das bedeute weniger Streit, mehr gute Laune und die Fähigkeit, Menschen zusammenzubringen. Und als Symbole der Macht verteilte Kuhle mehrere Augenklappen: eine für Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek als neuer Außenministerin, für Christian Grascha als neuem Finanzminister, für Brauhaus-Technikleiter Christoph Benseler als neuem Wirtschaftsminister. Im Umkehrschluss werde Robert Habeck neuer Brauhaus-Vorstand, dann könne die Brauerei nie insolvent werden. Er selbst werde Bundesminister für Bier und Brauangelegenheiten, sagte Kuhle.
Närrischer Laudator war Kuhles Parteifreund Christian Grascha; beide kennen sich seit 22 Jahren – auch von gemeinsamen Wahlplakateinsätzen und Oktoberfesterlebnissen, von denen er humorig berichtete. Kuhle habe es geschafft, schon mit 13 Mitglied bei den Jungen Liberalen zu werden, obwohl das erst mit 14 Jahren möglich ist. Er schrecke vor nichts zurück, scherzte Grascha über Konstantin Kuhle. Der sei mit seiner bodenständigen, sympathischen Art ein exzellenter Botschafter des Einbecker Bieres, meint der einstige Landtagsabgeordnete. Die FDP sei seit Jahrzehnten verlässlicher Lieferant für Comedy, Spaß und gute Laune. „Und noch nie hat eine Regierung so viel für den Karnevalshumor getan wie diese Bundesregierung“, sagte der FDP-Politiker unter dem Beifall der Zuhörer. Eine Ampel-Regierung ohne Bier sei irgendwie nicht recht vorstellbar, mutmaßte Grascha. Entweder brauche man Bier, um sich die Verhandlungsergebnisse schön zu trinken – oder aber man gehe schon bierselig in die Gespräche. Der neue Bierordenträger habe in Berlin und in Göttingen „viel mit grünen Flaschen zu tun“, wagte er den närrischen Seitenhieb. Grascha meinte natürlich nur die Farbe der Gerstensaft-Glasbehälter.